punktgenau bremsen und halten


Punktgenau bremsen und halten, es wird viel darüber geredet – aber wer kann es?

Wird zentimetergenaues Halten mit der Hardware realisiert? Oder etwa mit der Software?

Perfektes Zusammenspiel von Hard- und Software läßt Züge auf den Punkt halten.

Eine detaillierte Beschreibung:

Ob zentimetergenaues Halten mit anderer Software als Traincontroller funktioniert kann ich hier nicht sagen. Mit Traincontroller funktioniert es jedenfalls.

Zunächst einiges Grundsätzliches: Zugpositionen werden auf digital gesteuerten Anlagen immer mit irgendeiner Art von Rückmeldesystem an die Digitalzentrale und die steuernde Software gemeldet. Ob dies nun technisch über Momentkontakte wie Schaltgleise oder Reed-Kontakte geschieht, oder Gleisabschnitte mittels elektronischer Stromfühler als belegt erkannt werden, spielt dabei keine wesentliche Rolle. Die Belegtzustände werden über ein Bussystem zur Digitalzentrale oder einem spezialisierten Baustein übertragen, von dort gibt es dann eine Verbindung zum PC mit der Steuerungssoftware.

Züge weisen ein unterschiedliches Kontaktverhalten auf. Bei einer „N“ Lok wird eine Belegtmeldung meist ca. 2 cm. nachdem die Puffer den Belegtmelder passiert haben generiert. Aber nicht alle Loks zeigen genau dieses Verhalten. Ich setzen z.B. auch einen Brawa Talent ein, dort wird der Strom über die beiden mittleren Drehgestelle aufgenommen. Hier wird eine Belegtmeldung aber erst 9 cm. nachdem die Kupplung die Trennstelle des jeweiligen Gleisabschnittes überfahren hat erzeugt. Auch Wendezüge können je nach Fahrtrichtung unterschiedliche Kontaktpunkte aufweisen.

Die Hardware kann der Forderung, dass alle Züge mit der Spitze immer an exakt der selben Stelle anhalten, alleine nicht genügen.

Hier kommt die Software in Spiel. Damit das punktgenaue Halten funktioniert müssen alle Loks, ein unter gleichen Bedingungen eingemessenes Geschwindigkeitsprofil in der Software enthalten und die Kontaktpunkte der Züge müssen genau eingestellt sein.

Traincontroller kennt zusätzlich zu physikalisch angesteuerten Blockmeldern auch sogenannte „Virtuelle Melder“. Ein Virtueller Melder wird von einem physikalischen Referenzmelder ausgelöst. Dabei kann auch noch eine Distanz des virtuellen Melders vom Referenzmelder angegeben werden. Einstellungen und Auslösung von virtuellen Meldern sind fahrtrichtungsabhängig. Es gibt noch weitere Parameter, die bei einem Virtuellen Melder einstellbar sind, darauf will ich aber jetzt nicht eingehen.

Wie wird nun das punktgenaue Halten realisiert?

Ich haben in jedem Bahnhofsgleis 3 stromfühlende Gleisabschnitte die über ein GBM (Gleis Besetzt Modul) angeschlossen sind. Zusätzlich gibt es im Gleisbild mehrere virtuelle Melder pro Gleis.

Nennen wir die physikalischen Melder MelderOst, MelderMitte und MelderWest. Um es an einem einfachen Beispiel zu verdeutlichen, definieren wir 2 virtuelle Melder welche die Namen HaltWest und BremsWest bekommen.

Nehmen wir an, unser Bahnhofsgleis ist 100 cm lang. Unsere physikalischen Melder sind von links nach rechts wie folgt angeordnet: 20 cm MelderWest, 60 cm MelderMitte und 20 cm MelderOst.

Die virtuellen Melder erhalten diese Einstellungen: HaltOst – Referenzmelder: MelderOst, Distanz: 17 cm, östliche Fahrtrichtung; BremsOst – Referenzmelder: MelderMitte, Distanz: 30 cm, östliche Fahrtrichtung; HaltWest – Referenzmelder: MelderWest, Distanz: 17 cm, westliche Fahrtrichtung; BremsWest – Referenzmelder: MelderMitte, Distanz: 30 cm, westliche Fahrtrichtung.

Alle virtuellen Melder arbeiten mit der eingestellten Option „benutze Kontaktpunkt des Zuges“.

Angenommen, alle Melder sind einem Block „Gleis 2“ im Bahnhof zugeordnet. Wir starten dann eine Zugfahrt, die in Ost-West Richtung in den Bahnhof Gleis 2 einfährt.

TC-bremsen

Es passiert nun folgendes: zunächst wird der Melder MelderOst ausgelöst, weitere Aktionen werden nicht gestartet. Dann wird der Melder MelderMitte ausgelöst. Da der Zug in Richtung Westen unterwegs ist, startet die Software jetzt intern eine Berechnung, wann der Melder BremsWest auszulösen ist. Wenn die Lok richtig eingemessen wurde, wird der Melder BremsWest genau dann aktiviert wenn die Zugspitze die Mitte des Gleises passiert(MelderOst – 20cm + BremsWest – Referenzmelder: MelderMitte, Distanz: 30 cm, westliche Fahrtrichtung). Der Zug TC-bremsen-blockbeginnt zu bremsen. Löst der Zug dann den Melder MelderWest aus beginnt der selbe Rechenprozess für den Melder HaltWest. Unter Einbeziehung der gefahrenen Geschwindigkeit und des eingestellten Kontaktpunktes wird der Melder HaltWest genau dann ausgelöst, wenn die Zugspitze 9 cm vor dem Ende unseres Gleises angekommen ist.

Ein wichtiger Punkt muss noch genannt werden: die Genauigkeit hängt auch sehr stark von der Entfernung der physikalischen Referenzmelder zu den virtuellen Haltmeldern ab. Abnutzung, Schmutz und andere Einflüsse wirken auf Lock ein und verursachen Abweichungen vom eingemessenen Geschwindigkeitsprofil die sich mit zunehmender Entfernung der Referenzpunkte der Haltmelder stärker auswirken. Folgt man dem oben beschriebenen Konzept sind die Abweichungen beim Halt jedoch minimal.

Die Genauigkeit beträgt dabei je nach Auslastung der Digitalzentrale +/- 1 cm.

Man darf auch die Rechenkapazität der Digital Zentrale als Einflussfaktor nicht unterschätzen. Ich habe die oben genannten Werte erst erreicht, seitdem ich über Sonderoptionen der Intellibox alle anderen Protokolle außer DCC abgeschaltet habe. Seit auch noch die Rückmelder über ein HSI88 angeschlossen wurden kann ich auch bei 10 gleichzeitig fahrenden Zügen keine größeren Abweichungen beim Halt feststellen.

Als weiteren Punkt möchte ich ein Unterschiedliches Bremsverhalten der verschiedenen Züge ansprechen, wie es auch beim Vorbild zu sehen ist. Nahverkehrszüge, ICEs oder schwere Güterzüge fangen an unterschiedlichen Stellen vor einem Halt an zu bremsen und verzögern auch mit unterschiedlicher Kraft. Auf der Modellbahn sollte auch so etwas möglich sein. Realisiert wird das in Traincontroller mit mehreren Brems und Haltmeldern in einem Block, die z.B. nur auf bestimmte Zuggruppen reagieren.
Mit Aktionsmarkierungen, die wie virtuelle Melder die nach einer bestimmten Strecke auslösen wenn ein Zug einen physikalischen Melder überfahren hat, können Langsamfahrstellen realisiert werden. So hat man die Möglichkeit auf kritische Stellen auf der Anlage zu reagieren, an denen es vermehrt zu Entgleisungen kommt. So etwas kann dann auch wieder für alle Züge, einzelne Zuggruppen oder auch für ganz bestimmte Züge gelten, in denen besonders entgleisungsgefährdete Wagen eingereiht sind.